Gemeindenachrichten September 2003

Nach dem Weggang von Volker Thiemann aus Gaußig übernahm Frau Veronika Viertel sein Geschäft und wir baten sie, über die Entwicklung ihres Gewerbes zu berichten:

Man muss in der Zeit schon sehr weit zurückgehen, um zu den Wurzeln meiner Geschäftstätigkeit zu kommen. Alles begann 1977. In diesem Jahr startete ich meine Tätigkeit im Lottogeschäft. Damals war mein Arbeitgeber die BSG Chemie Gnaschwitz. Dieser Sportverein unterhielt eine Annahmestelle der Lottogesellschaft Dresden. Eine für die heutige Zeit etwas ungewöhnliche Maßnahme für Sportvereine sich zu finanzieren. Aus den erarbeiteten Provisionen wurde der gleichnamige Fußballverein unterstützt. Damals wurden an drei Tagen der Woche im Sprengstoffwerk Gnaschwitz und Schreibgerätewerk "Markant" die Lottoscheine der Tippwütigen angenommen.
  Hierbei entstand schon so etwas wie eine Stammkundschaft, die mir bis heute treu geblieben ist. Aus dem Grund heraus, dass ich mich nicht ausgelastet fühlte, richtete ich zusätzlich mit der Hilfe des Rates der Gemeinde Gaußig eine Dienstleistungsannahmestelle im Hause meiner Schwiegereltern ein.
Für unseren Ort war das eine willkommene Sache, da man sich das Fahren in die Stadt sparen konnte. Ich nahm Chemische Reinigung und die Fertigwäsche an, außerdem elektrische Geräte, Schirme und Schuhe, die eine Reparatur nötig hatten. Auch Schleifarbeiten gehörten dazu. Leider wurde mir nach der Wende das Arbeitsverhältnis gekündigt. Das Kaufverhalten änderte sich auch schnell. Es wurde weniger repariert, man kaufte verständlicherweise etwas "Neues". Somit verlor eine Dienstleistungsannahmestelle ihre Daseinsberechtigung.
Jedoch Lotto, schon beliebt bei August dem Starken, wird und wurde schon immer gespielt, zu dieser Zeit noch zur Aufbesserung des "Staatssäckels", welches damit wie auch heute schon große Löcher hatte, und natürlich auch zur Aufstockung des Bankkontos der heutigen Spieler. So gab es für mich 1991 nur den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Annahmestelle für Dienstleistungen wurde kurzerhand zur Lottoannahmestelle umfunktioniert, wobei ich auch Zeitschriften, Geschenkartikel und Bekleidung verkaufte. Als dann der "Konsum" im Ort aufgelöst wurde, erweiterte ich mein Sortiment nochmals mit Haus-haltchemie. Auch die Chemische Reinigung und die Fertigwäsche nahm ich weiterhin an.

1995 musste ich zu einer Operation und fiel dadurch für längere Zeit aus. Sicher hätte dies das Aus für meinen kleinen Laden bedeutet, den ich mir bis dahin mühevoll aufgebaut hatte. Nach unendlichen Überlegungen fiel mir eine treue Kundin ein, die schon seit längerer Zeit arbeitslos war: Roswitha Simmchen. Sie war sofort bereit, mir zu helfen. In einem Crash-Kurs wurde sie eingearbeitet. Denke ich an diese Zeit zurück, tut sie mir heute noch leid, da ich sie von heute auf morgen ins kalte Wasser geschubst hatte. Allerdings hat sie diese Herausforderung bravourös gemeistert und ist meinem Unternehmen bis heute treu geblieben. Die Kunden mögen sie und so gehört sie schon fast zum Inventar. Nach meiner Genesung konnte und wollte ich es nicht fertig bringen, ihren Arbeitsvertrag wieder aufzukündigen. Allerdings war das Geschäft für zwei zu klein. Ich schaute mich nach einem zweiten Laden um und wurde in Doberschau bei Familie Rauscher letztendlich fündig. Im September 1995 eröffnete ich in Doberschau auf der Karl-Liebknecht-Str. 2 "Obertrikotagen & Spielwaren" Veronika Viertel.
 
Hier freute ich mich besonders neben den vielen neuen auch bekannte Gesichter aus meiner Zeit im Sprengstoffwerk sowie Markant wiederzusehen. Durch dieses Potenzial lief das Geschäft auch sofort gut an. Zur Unterstützung holte ich Angelika Helta an meine Seite. Ich kannte sie noch aus unserer gemeinsamen Lehrzeit zur Verkäuferin und auch sie war gerade arbeitslos. Sie ist ebenfalls durch ihre offene Art bei der Kundschaft sehr beliebt, so dass auch der eine oder andere Kunde nur mal auf einen "Plausch" vorbeikommt. Aber genau das ist ja das Schöne an den kleinen Geschäften, dass man seine Kunden noch persönlich kennt.
1996 kam der, mittlerweile leider verstorbene, Drogist Volker Thiemann auf mich zu und bot mir an, seine "Drogerie zum Schloss" zu übernehmen. Ich sagte spontan zu, da die Räume und die Lage bedeutend vorteilhafter für mich waren. Es wurden sofort mit vielen fleißigen Helfern die Renovierungs- und Umbauarbeiten begonnen und am 15.04.1996 konnte ich dann mein Geschäft auf der Medewitzer Str. 5 in Gaußig neu eröffnen.
Inzwischen wurde auch schon in Gaußig 12- und in Doberschau 8-jähriges Bestehen gefeiert. Wir sind in diesen Jahren ständig auf die speziellen Wünsche der Kunden eingegangen und haben auch unser Sortiment stets erweitert. Unsere Angebote beinhalten mittlerweile neben Lotto-Toto und Zeitschriften auch Schreibwaren, Ober- und Untertrikotagen, Spielwaren, Geschenkartikel, Strumpfwaren, Tiernahrung, Haushaltchemie sowie Sämereien.
Als Dienstleistungen bieten wir immer noch die Chemische Reinigung und Fertigwäsche an. Auch Fotoentwicklung, der Verkauf von Telefonkarten und Hermes-Versand, Quelle- und Otto-Bestellannahme gehören jetzt zu meinem Geschäftsfeld.
Im Zeichen der Kundenzufriedenheit haben wir auch für die Zukunft noch sehr viel vor.