Kirchgemeindenachrichten zu den Glocken in Gaußig


Februar 1983

GLOCKEN UNSERER GAUSSIGER KIRCHE

Im Jahre 1376 wird für Gaußig erstmals ein Pfarrer erwähnt. Es ist daher anzunehmen, daß die kleine Gaußiger Kirche mindestens eine Glocke hatte. Doch sämtliche Oberlausitzer Glocken aus früherer Zeit sind verloren. Die älteste Glocke, von der wir Kunde haben, stammt aus dem Jahre 1202. Sie hing in Kittlitz. Diese Zahl wurde von dieser auf eine neue Glocke übertragen. Die ältesten dokumentarisch belegten Glocken sind die große Glocke der Hauptkirche von Kamenz von 1400 und eine Glocke von Oßling vom Jahre 1417. "Die Zeit der Hussitenkriege (1429 und 1431 belagerten sie Bautzen), in denen fast alle Kirchen der Oberlausitz verwüstet und ausgebrannt wurden, haben nur wenige, meist kleine alte Glocken überdauert, die beim Zusammenbruch der hölzernen Türme... nicht zersprangen." Im 15. Jahrhundert wurden nach Beendigung dieser Unruhen besonders viele Glocken geschaffen. Auch in Gaußig wurden etwa um 1450 neue Glocken angeschafft. Eine kleine Glocke trug die Inschrift: 0 rex glorie veni cum pace. Johannes Lucas. (Oh König der Ehre, komm mit Frieden.) Diese Inschrift findet sich auf Glocken fast aller christianisierten Länder des alten Europa. Sie geht zurück auf die mittelalterliche Einrichtung der Pax Dei (Friede Gottes). Von Mittwochabend bis Montagfrüh sollte alle kriegerische Fehde ruhen. Unter dem Geläut der "Friedensglocke" sollte besonders um zeitlichen Frieden gebetet werden. Dreimal oder neunmal schlug man mit dem Klöppel nach dem Läuten an die Glocke, um eindringlich die Menschen daran zu erinnern, für den Frieden zu beten.
So erinnerte diese alte Gaußiger Glocke an die Schrecken und Ängste des überstandenen "Hussitenkrieges". Mit Johannes und Lukas sind die Evangelisten gemeint, die als Fürsprecher angerufen werden. Die mittlere alte Glocke, von der wir wissen, hatte folgende Inschrift: "hilf got maria beroht, was wir beginnen, das es ein gut end gewinne." Es ist für das 15. Jahrhundert eine häufige Glockeninschrift. Sie bezeugt die Marienverehrung dieser Zeit. Beim Abendläuten wurde durch das Gebet Ave Maria der Menschwerdung Christi gedacht und dieses Geheimnis verehrt. In Kemnitz bei Löbau, Pohla, Postwitz, Oßling und Milkel sind Glocken mit ähnlicher Inschrift bezeugt, über die größte Glocke des alten Gaußiger Geläutes findet sich nur die knappe Nachricht, daß sie über 6 Zentner wog und zersprungen war.
  So wurde dann auf Betreiben des damaligen Patrons der Gaußiger Kirche Rudolf von Neitschütz, ein Vertrag mit dem Inspektor der kurfürstlichen Gießerei zu Dresden geschlossen, dem aus Nürnberg stammenden Andreas Herold. "Es wird . . . Herr Herolden eine Glocke von ongefehr 7 Zentner zu güssen verdinget." Sie ist 6-8 Wochen nach Vertragsabschluß zu gießen.
Falls der Guß mißlingt, ist sie auf eigene, des Glockengießers Kosten umzugießen. Zahlung erfolgt bei Lieferung der Glocken. 12 Taler werden jedoch erst nach einem Jahr und einem Tag bezahlt. Datiert ist der Vertrag vom 15. Juni 1689. Er trägt die Unterschriften des Gerichtsverwalters zu Gaußig, des Pfarrers Johannes Ast und von Andreas Herold. Am 1.Oktober 1689 traf die Glocke von Dresden kommend in Gaußig ein. Insgesamt kostete sie 52 Taler. Rudolf von Neitschütz zahlte davon 30, die Kirchgemeinde den Rest. Im November 1690 mahnte sich Herold die ihm noch zustehenden 12 Taler ein. Die alte zersprungene Glocke bekam er als Gußmaterial zugesandt. Die Verarmung der Bevölkerung nach dem 30-jährigen Krieg brachte es mit sich, daß zunehmend die Kosten für Glocken von den Kirchenpatronen übernommen wurden. Dies hatte auch Auswirkungen auf Inschrift der Glocken.
Begannen doch auch die Gießer auf ihnen ihre Namen zu hinterlassen. So steht auf dieser Glocke: "Anno MDCLXXXIX goss mich Andreas Herold zu Dresden. Prae Larga GaUßIg CVra grataqve RVDoLphl a NeItsCh hos popVLos ConVoCo VoCe Del." (Etwa: Wegen der Freigiebigkeit, der Sorge und Zuwendung des Rudolph von Neitschütz für Gaußig, rufe ich die Bevölkerung zusammen als Gottes Stimme.) Auf dem Dachreiter hingen diese Glocken bis zur Fertigstellung des Kirchturmes im Jahre 1786 (die in der Literatur oft angegebene Jahreszahl von 1792 ist auf einen Irrtum des Pfarrers Johann Domaschke zurückzuführen). Sie wurden dorthin übertragen. Im Jahre 1844 wurden dann in Gaußig Bemühungen unternommen, ein neues, größeres Geläut anzuschaffen. Im Pfarrarchiv .befinden sich die Kalkulationen der zwei Konkurrenten, Johann Gotthelf Grosse "Königlicher Stück- und Glockengießer" aus Dresden und Friedrich Gruhl, der 1803 die Metallgießerei zu Kleinwelka begründete. Gruhl unterbot Grosse. Doch es kam noch nicht zu einem neuen Geläut.

Die Unruhe der Zeit, Unglücke in den Dörfern und schlechte Erntejahre verhinderten dieses. Erst 1857 konnten die neuen Glocken von Kleinwelka geholt werden. In der Zwischenzeit hatte Ernst Friedrich Gruhl das Geschäft seines Vaters übernommen. Das alte Geläut wurde eingeschmolzen. Leider sind noch keine Angaben über die Beschriftung dieser Glocken gefunden. (Später doch, s. Ausgabe April 1983). Im Mai 1857 wurde der Firma Gruhl für ihre "Meisterleistung" öffentliche Anerkennung ausgesprochen. Nach 60 Jahren, Juni 1917, mußte Pfarrer Handrick dem Kirchenvorstand mitteilen, daß die zwei größten Glocken zu Kriegszwecken beschlagnahmt sind. Der Versuch, wenigstens die Mittlere zu retten, war vergeblich. Da die Glocken bis 31. Juni abgegeben sein mußten, war auch keine Zeit mehr, ein Gutachten über den "Klangwert" zu erlangen. Die entsprechenden Fachleute waren überlastet. Am Tage der Glockenabnahme wurde die wöchentliche "Kriegsbetstunde" gehalten. Sie wurde durch eine "Glockenabschiedsfeier" erweitert. … … Aber bereits im Advent 1919 trat der Kirchenvorstand mit dem Aufruf vor die Gemeinde, für neue Glocken zu sammeln. In einer für die Zeit nach dem ersten Weltkrieg bemerkenswerten Weise wurden 120000 Mark aufgebracht. Schon 1921 hatte Gaußig ein neues Bronzegeläut. Die verbliebene Glocke wurde darin eingeschmolzen.   Das Geläut wurde hergestellt von der Dresdner Firma Bruno Pietzel. Die 30000 Mark, welche nach Bezahlung aller Rechnungen von der Sammlung noch übrig blieben, verfielen später in der Inflation. Diese Glocken hatten folgende Inschriften:
Große Glocke (1 305 kg): Eichenlaub oben, vorn ein Strahlenkranz
Text:
Gaben der Liebe zum Heiland dich schufen
nun soll zu Ihm dein ehern Mund rufen
- auf Beschluss der Kirchgemeinde Gaußig wurden diese Glocken im September 1921 gegossen v. B. Pietzel Dresden
Jes. 26,2 Mittlere Glocke (605 kg): Rebenkranz oben, vorn ein Kelch
Text:
Sluzce temu Knjesey zwjeselom (dient dem Herrn mit Freuden)
Ich will rühmen Gottes Wort. ps. 56,11 Der Krieg hat die den Vätern Klang zerschlagen, nun soll dein heller Schall zu Gott uns tragen 1. Kor. 13,1
Kleine Glocke (383kg): Heckenrosenkranz oben, vorn Anker
Text:
Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen Luc. 2,14
Wachujce a Modlce so (wachet und betet) Mtth. 26,41 1.Petr. 1,3,4

Diese Glocken waren noch keine 20 Jahre auf dem Turm, da traf von den nationalsozialistischen Machthabern im Mai 1940 ein "Meldebogen für Bronzeglocken der Kirchen" ein. Juni 1940 war die Glockenabgabe wieder Thema des Kirchenvorstandes. März 1942 wurden wiederum die zwei größten Glocken heruntergeholt. Alles Bitten half nichts. Sie wurden auf den "Glockenfriedhof" Hamburg gebracht. Man wollte mit den dort gesammelten Glocken einen Teil der zu erwartenden Kriegsschulden bezahlen. Pfarrer Waltsgott, der ab 1945 Gaußig vertretungsweise übernahm, mußte in dieser Zeit sich vorerst um Neuordnung des kirchlichen Lebens kümmern. Daher fiel es Pfarrer Pahler zu, sich um ein neues Geläut zu bemühen. Dezember 1950 wurden Kontakte zur Glockengießerfirma Schilling & Lattermann in Apolda aufgenommen. Es war anfangs vorgesehen, zwei neue Glocken als Ergänzung zu der, die im Turm verblieben war, zu beschaffen. Doch war ein volles Bronzegeläut nicht mehr möglich. Nach mancherlei Schriftwechsel wurde September 1953 ein Vertrag über drei Hartgußglocken zwischen der Apoldaer Glockengießerei und der Kirchgemeinde Gaußig geschlossen.
Große Glocke (1 300 kg) Aufschrift:
0 Land, Land, Land, Höre des Herren Wort. Jer. 22,29
????e temu Knjezej z wjeselom ?? 100,2
Mittlere Glocke (800 kg) Aufschrift:
Bete und arbeite! / Seid fröhlich in Hoffnung,
geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet.
Röm. 12,12 Kleine Glocke (600 kg)
Aufschrift:
"Der Herr ist Friede" Richt. 6,24
"Suchet Frieden und jaget ihm nach!" 1. Petr.3,11
Nach mancherlei Verzögerung konnte dann endlich am 12. Juni 1955 die Glockenweihe vorgenommen werden. Die übrig gebliebene kleine Bronzeglocke wurde nach Beiersdorf, Kreis Löbau, verkauft und ist dort in die große Glocke mit eingeschmolzen. 1961 wurde diese dann in Dienst gestellt.
Mögen unserer Kirchgemeinde bis ans Ende der Zeit Glocken gegeben sein, die durch ihren Klang viel Finsternis vertreiben und uns mahnen, unseren Sinn zu Gott zu erheben.
 
April 1983

ZU DEN GLOCKEN

In der vorletzten Ausgabe unseres Informationsblattes war zu lesen, dass die Inschrift der Glocken, die 1857 für den Gaußiger Kirchturm angefertigt wurden, verschollen ist. In den Unterlagen des Pfarramtes fanden sich keine Aufzeichnungen mehr. Auch bei der Herabnahme der Glocken im Juni 1917 wurden sie nicht fotografiert oder beschrieben. (Im folgenden Artikel ist doch ein Foto davon). Doch fand sich im Nachlaß des ehemaligen Bürgermeisters Jatzke ein Zettel, auf dem die Glockeninschriften verzeichnet sind. Das Original dieser Nachricht ist im Besitz der Familie Bertram Löhnert in Zockau.
Glockeninschriften:
große Glocke
Passionsblumenkranz mit Kreuz darin
Thut dieThore auf, daß hereingehe das gerechte Volk, das den Glauben bewahre. Jesaias 26,2
Sei fest im Glauben wanke nicht! Er ist dein Stab, er ist dein Licht Dieß ruft, oh Christ, mein Mund dir zu Bis hin zur stillen Grabesruh.
mittlere Glocke
Rosenkranz mit Kelch darin
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht; so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. 1. Kor. 13,1
Der Liebe zarter Ton ist mein Ihr will ich meine Stimme weihn; darinnen o Christ, und werde reich; An Liebe, Gott dem Vater gleich.
kleine Glocke
(Efeu)?kranz mit Anker darin
Gelobt sei Gott der Vater unseres Herrn Jesu Christi der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten. 1. Petr. 1,3,4
So oft ich rufe, höre mich! Ich wecke, stärke, tröste Dich. Blick hoffend auf und wanke nicht; Dein Gott ist Deine Zuversicht.

Januar 1985

In dem Februarblatt 1983 schrieb ich einen großen Artikel über die Glocken unserer Kirche. Ich versuchte darin einmal alle Nachrichten über die Gaußiger Glocken zusammenzufassen.
Im Jahre 1844 wurden dann in Gaußig Bemühungen unternommen, ein neues, größeres Geläut anzuschaffen. Im Pfarrarchiv befinden sich die Kalkulationen der zwei Konkurrenten, Johann Gotthelf Grosse "Königlicher Stück- und Glockengießer" aus Dresden und Friedrich Gruhl, der 1803 die Metallgießerei zu Kleinwelka begründete. Gruhl unterbot Grosse. Doch es kam noch nicht zu einem neuen Geläut.
  Die Unruhe der Zeit, Unglücke in Dörfern und schlechte Erntejahre verhinderten dieses. Erst 1857 konnten die neuen Glocken von Kleinwelka geholt werden. In der Zwischenzeit hatte Ernst Friedrich Gruhl das Geschäft seines Vaters übernommen. Leider sind noch keine Angaben über die Beschriftung dieser Glocken gefunden. Im Mai 1857 wurde der Firma Gruhl für ihre "Meisterleistung" öffentliche Anerkennung ausgesprochen.
Durch einen Zufall haben sich im Pfarrhaus photographische Aufnahmen der damaligen Gaußiger Glocken eingefunden. Der Reichtum ihrer Verzierungen stellt zweifellos einen Höhepunkt der Glockengießerkunst dar. Karl Friedrich Schinkel, der die Bautzener Domglocken entworfen hatte, wird wohl auch der geistige Vater unserer Gaußiger Glocken gewesen sein. Denn der Entwurf der Halterung mit den Engelsköpfen begegnet wohl zuerst in unserem Raum bei ihm.
Die alte Gaußiger Kirche, die nach wenigen Jahren außer dem Turm völlig niedergelegt wurde, erhielt 17 Jahre vor der Errichtung eines neoklassizistischen Kirchenraumes, der ebenfalls vom Schinkelschen Geist geprägt ist, im neoklassizistischen Stil angefertigte Glocken. Das Bild zeigt die Glocken nach ihrer Herabnahme vom Kirchturm im Juni 1917. Der Krieg brachte die Glocken der Heimat zum Verstummen. Es ist darum eine bleibende Bitte an Gott den Herrn, daß der Frieden und die Freiheit des Menschen bewahrt werden. Allen Gemeindegliedern wünscht ein gesegnetes Jahr des Heils 1985

Euer Pfarrer G. Frey


November 1985

ZUR GLOCKE

Nachdem der erste Versuch, die gesprungene Bronzeglocke von Gaußig nach Apolda zu bringen, in Bischofswerda gescheitert war und man sich mit Glocke und Auto wieder in die Heimat zurückschleppen lassen mußte, wurde am Montag, dem 16. September 1985, ein zweiter Versuch gestartet. Herr Benno Robel, ein junger Mann aus der Kirchgemeinde Radibor, kam mit einem gemeindeeigenen Barkas nach Gaußig. Mit selbstverständlicher Hilfe, die von Meister G. Moh gewährt wurde, konnte wieder der Kran zum Glockentransport eingesetzt werden. Das Verfrachten der 7 Zentner schweren Glocke in den geschlossenen Barkas war nicht einfach. Etwa 5 Männer mußten schieben und ziehen, bis sie ihren Platz gefunden hatte. Bei dieser Gelegenheit zum Glockentransport übergab mir die Schloßverwaltung noch eine Glocke, die früher zur Ankündigung der Mahlzeiten gedient hatte, jetzt aber einen Sprung aufwies.
Auf der Fahrt geschah weiter nichts außer einer Geschwindigkeitskontrolle, bei der 10 Mark den Besitzer wechselten. Der Polizist staunte nicht schlecht, als er die seltene Fracht sah, sagte aber kein Wort. In Apolda wurden dann die Formalitäten erledigt. Es wurden auch Ersatzteile für die Klöppel unserer Kirchenglocken erstanden. Nach einem lehrreichen Rundgang durch die Glockengießerei wurde die Heimreise angetreten. In einigen Wochen wird nun der Bescheid eintreffen, ob die ehemalige Glocke der Pfarrkirche von Storcha überhaupt noch repariert werden kann.

März 1990

  Am 12. Juni 1955 wurde in unserer Kirchgemeinde durch Pfarrer Pahler eine Glockenweihe vorgenommen. Nach dem letzten Krieg war es nunmehr kein Bronzegeläut, sondern Hartgußglocken, die die Gemeinde zum Gottesdienst riefen. Die große Glocke, die wir hier abgebildet sehen, wiegt 1300 kg und ist mit einem deutschen und einem sorbischen Spruch beschriftet:
Sluzce temu Knjezej z wjeselom. Psalm 100,2
O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort. Jer. 22,29
Diese große Glocke hat seit Juli 1986 einen Sprung und kann nicht mehr geläutet werden. Doch soll im Jahr unserer 750-Jahr-Feier ein neues Geläut nach Gaußig kommen, um die Gemeinde zu Gottes Wort zu rufen. …
… Auf der mittleren und kleinen Glocke waren folgende Bibelverse eingegossen, die in der Nachkriegszeit vielen Trost gaben:
mittlere Glocke:
Bete und arbeite!
Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal,
haltet an am Gebet. Römer 12,12
kleine Glocke:
Der Herr ist Friede Richter 6,24
Suchet Frieden und jaget ihm nach! 1.Petrus 3,11

März 2001

Im Sommer 1917 wurden zwei Glocken dem Gaußiger Kirchturm entnommen und für Kriegszwecke fortgegeben. In einer Kriegsgebetstunde wurden sie von unserer Gemeinde verabschiedet. Die kleinste dieses Dreier-Geläutes blieb als einzige erhalten.
Gestaltet nach Entwürfen von Karl-Friedrich Schinkel wurden sie in Kleinwelka gegossen. Sie waren wohl die schönsten, die im Laufe der über 600jährigen Glockengeschichte in Gaußig auf unseren Kirchturm kamen.
Immer wieder bemühte sich unsere Kirchgemeinde um Ersatz. Ging das nach dem I. Weltkrieg relativ schnell, 1921 goss eine Dresdner Firma ein neues Bronzegeläut, so dauerte es nach dem II. Weltkrieg 10 Jahre, bis ein neues Geläut kam. Diese waren nun nicht Bronze-, sondern Hartgussglocken, die von der Firma Schilling aus Apolda erstellt wurden. Von vornherein war klar: 40 bis 50 Jahre können sie nur Dienst tun. Diese Zeit ist zu Ende.
Die Situation hinter den Schallluken lässt sich wie folgt beschreiben: Der eiserne Glockenstuhl hat ausgedient und die elektrische Anlage, durch viele Reparaturen geschwächt und am Sterben gehindert, ist immer weniger in der Lage, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Ohne die Firmen Garten und Bergt aus Gaußig wären unsere Glocken schon längst verstummt, wie die größte von ihnen, die schon seit Jahren nicht mehr geläutet wird. Anfang Februar funktionierte wenigstens noch die Läutemaschine für die kleine Glocke und die mittlere wurde mit Hand gezogen. Jetzt muss auch sie ein Glockenseil erhalten. Nun ist es an der Zeit, Glockenstuhl, Läutemaschine und Glocken völlig neu zu erstellen. Dazu muss Geld eingesammelt werden. Ein Glockenkonto ist eingerichtet. Momentan befinden sich darauf ca. 3.000 DM. In den nächsten Monaten will das Pfarramt Angebote einholen, aber unter 120.000 DM wird es nicht gehen. Die Glocken sind darum unserer Anteilnahme empfohlen.
  Dezember 2001

Neue Glocken für unsere Kirche

"Hurra, die neuen Glocken sind da" - so begann 1921 der Gödaer Pfarrer Voigt seine Ansprache, als nach dem I. Weltkrieg ein neues Bronzegeläut nach Gaußig kam. 1943 wurden diese Glocken abgenommen. Am 12. Juni 1955 konnte ein neues Geläut aus Hartgussglocken wieder eingeweiht werden. Diese Weihe war ein großartiges Bekenntnis der Mehrheit der Bevölkerung unserer Gemeinde zu ihrem Glauben und zu ihrer Kirche.
Die Glocken wogen 1300, 800 und ___ kg. Durch die Beschaffenheit des Materials sind sie aber nur auf 40 Jahre Dienstzeit ausgelegt. Nach Begutachtung durch Glockenexperten wurde für unsere Kirche ein Bronzegeläut, bestehend aus 4 Glocken, vorgeschlagen. Darüber hinaus muss der Glockenstuhl vollkommen erneuert werden. Die Aufhängungen in einem Stahlglockenstuhl haben sich in vielen Kirchen als äußerst ungünstig erwiesen, da sie die Schwingungskräfte auf die Turmmauern übertragen. So werden bei der Erstellung neuer Geläute wieder Glockenstühle aus Holz gefertigt. Folgender Vorschlag soll für Gaußig umgesetzt werden:
Kostenschätzung in EUR
- Abbruch bisher. Geläut, Ablassen vom Turm 1.900
- 4 neue Bronzeglocken formen u. gießen
Nominal unt.mm Masse in kg
f' 1210 1200 11.400
g' 1080 820 8.600
a' 950 570 6.400
c" 820 360 4.500
- Glockeninschrift und Zier
- 4 Glockenarmaturen kpl.
- 4 Glockenantr. kpl. mit Schaltuhr
- Montagen
- Intonation
1.700
5.500
6.900
2.300
250
  Summe netto
+ MwSt.
Summe brutto
49.450
7.912
57.362
Dazu kommen noch die Kosten für den Glockenstuhl von mindestens 30.000 EUR.
Das dritte Mal innerhalb von 80 Jahren ist unsere Gemeinde wieder aufgerufen, für neue Glocken zu spenden, damit diese unser Leben, Sterben und Beten begleiten und ein Zeugnis für die Anwesenheit des christ-lichen Glaubens sind. Gott segne dieses Werk, dass wir zu seiner Ehre anfangen.
Pfarrer Gerd Frey

Gemeindenachrichten Juli 2004

Zu den Glocken in Gaußig


Am Samstag, dem 12.06.04 konnten nach 1922 und 1955 zum dritten Mal binnen 100 Jahren in Gaußig neue Glocken geweiht werden. Zwangen früher Krieg und Materialnot dazu, die alten Glocken abzuliefern und einzuschmelzen, so war es diesmal, Gott sei Dank, lediglich Altersschwäche, die es notwendig machte, die alten Stahlglocken samt Glockenstuhl auszuwechseln. Neben dem Engagement der kirchlichen Mitarbeiter und des Kirchenvorstandes ist es vor allem der großen Spendenbereitschaft in der Gemeinde zu danken, dass nun erstmals ein 4er Bronzegeläut in Gaußig zur Ehre Gottes erklingt. Rund 80.000 Euro mussten dafür aufgebracht werden, von denen 30.000 Euro aus Zuschüssen bestanden. Allen Spendern an dieser Stelle noch einmal ein großes Dankeschön. In Zukunft endet - durch die Bedienung per Knopfdruck bzw. Zeitschaltuhr - die Ära von fast zwei Jahren, in der nur mühsam von Hand geläutet werden konnte.
Für die fachgerechte Ausführung der Arbeiten in der Kirche, vom Entfernen der alten Glocken samt Stahlglockenstuhl, der sich aufgrund der enormen Schwingungsübertragung ungünstig auf die Bausubstanz auswirkte, bis zur Montage des neuen Geläutes und der Installation der elektrischen Anlage zeichnet eine Spezialfirma aus Heidenau verantwortlich.
  Die Errichtung des neuen Eichenholzstuhles in traditioneller Zimmermannsbauweise übernahm ein Betrieb aus Thalheim bei Chemnitz, welcher aus einer ehemaligen kirchlichen Baubrigade hervorging. Im Vorfeld der Glockenweihe konnten einige Gemeindemitglieder bereits dem Guss der Glocken, welche zwischen 360 kg und 1200 kg wiegen und einen Durchmesser von 820 bis 1210 mm haben, in Lauchhammer beiwohnen. Der Tag der Weihe begann für alle mit einem skeptischen Blick gen Himmel. Regenbekleidung war angesagt. So erwischte es vor allem diejenigen, die sich zu Fuß oder Pferd aufmachten, den Glocken, welche aus den Orten Gnaschwitz, Diehmen, Naundorf und Zockau kamen, ihr Geleit zu geben. Doch pünktlich 13.45 Uhr schlug das Wetter um, so dass Sonnenschein die Weihe begleitete. Der anschließende heftige Regen erfolgte zeitlich exakt, um für den Kran Platz vor der Kirche zu schaffen, welcher die Glocken, begleitet von Blasmusik, emporhob. Ein bewegendes Bild, das lange in Erinnerung bleiben wird.
Ein großer Dank sei allen gesagt, die am Gelingen dieses Ereignisses beteiligt waren, besonders den Helfern, welche Glocken und Wagen in den Orten schmückten.
Mögen friedliche Zeiten dafür sorgen, dass wir lange Freude am Wohlklang der Glocken haben, die uns an das Fundament der Welt und unseres Lebens erinnern wollen, wie sie das in Gaußig seit Jahrhunderten taten. "Christus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben." (Joh. 14.6 / Inschrift der größten Glocke)

Johannes Hoffmann