Martin Müller 1962 über Gaußig im Kartenbild

Um in die Geschichte Gaußigs einzudringen, greifen wir einige Landkarten heraus. Manche dieser Karten wurden schon vor mehr als 200 Jahren gedruckt. (1759)

             
       Abb.1                         Abb.2                        Abb.3

Als älteste Karte sei die Schenksche Karte erwähnt. Sie fußt auf den Landesaufnahmen von Zürner und gibt uns ein Bild aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts. Der Minister Hennicke erwarb die Unterlagen, von dem sie in die Hände von Peter Schenk gelangten. Gedruckt wurde die Karte nicht in Deutschland, sondern in Amsterdam, das seinerzeit führend in der Herstellung von Karten war. Die Schenksche Karte weicht insofern von heutigen Karten ab, als sie versucht, mit Hilfe von Symbolen das Wichtigste über jeden Ort zu sagen.
Fünferlei weiß die Karte über Gaußig zu berichten:


       Abb.4          Abb.5           Abb.6            Abb.7            Abb.8

Gaußig war ein Ort mit Rittergut (Abb.4). Es hatte einen Gasthof (Abb.5). Ein Schmied war im Orte (Abb.6). Hier befand sich eine Herrenschäferei (Abb.7). Es hatte eine Hauptkirche (Abb.8).
Interessant sind die Hinweise auf den Schmied als Handwerker und den Gasthof. Weder vom Schmied noch vom Gasthof besitzen wir vorher Nachrichten.
 

















Außerhalb des Ortszeichens steht noch ein Hinweis:
Es befände sich hier der Racklitz Brunn (s. Abb.2, Text unter dem Ortsnamen Gaussig). Das Wort hat sich in den 200 Jahren in Rieglitzbrunnen umgewandelt. Wer denkt heute noch daran, daß schon vor reichlich 200 Jahren der Kartenzeichner es für notwendig erachtete, auf den Racklitz Brunn hinzuweisen. (Sogar die "Buscher M"(ühle) und die "Post Schencke" sind eingetragen) ...
Auffällig auf dieser Karte ist ferner die abweichende Schreibart einiger Orte aus unserer Pflege. So steht statt Golenz das Wort Godenz. Zockau heißt Zucka, und Brösang wird als Prisanke bezeichnet. (Katschwitz-Katzschwitz, Dretschen-Dretzschen, Arnsdorf-Arnssdorff. Im heutigen Günthersdorf fehlt hier das "h", dabei schrieb man doch früher viel öfter das "th". R.E.) Eine Straße, die bis heute ihre Bedeutung beibehalten hat, führt von Budissin über Drauschkowitz, Gaußig, Naundorf, Schmölln nach Putzkau und weiter nach Bischofswerda.

Aus dem Jahre 1783 stammt das Blatt Gaußig des Kursächsischen Meilenblattes. Diese Karte überrascht uns durch viele Einzelheiten. So sind alle wichtigen Straßen eingetragen, auch Höhenangaben. Hier erfahren wir die Höhe über NN an der Parkecke. 255,4 m ist hier angegeben (Diese sog. Berliner Fassung der Karte (Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Kartenabteilung) enthält die Angabe nicht, ist aber dafür kontrastreicher). Wir sehen die am Schrebergartengelände entlangführende Lindenallee, die in den 1930er Jahren wegen Alters gefällt wurde.
Deutlich hebt sich der Park aus der Landschaft heraus. Um diese Zeit befand er sich noch in dem Zustand, in dem er zwischen 1740 und 1750 angelegt wurde. Er bestand meist aus Wald. Die Wiesenflächen fehlen noch darin. Auffällig ist eine Allee von der Diehmschen Parkecke in Richtung Schloß, die heute nicht mehr vorhanden ist. Höchstens deuten einige alte Baumstümpfe noch auf diese Allee hin. Rätselhaft ist ein mit vier Baumreihen gezeichnetes Rechteck, das auch auf späteren Karten noch eingezeichnet ist. Seine Deutung ist den Heimatforschern noch nicht gelungen. (Aber offensichtlich die frühere kleine Parkanlage im französischen Stil, der Rest wird nicht Park genannt worden sein. R.E.)
Außer dem Schwanteich ist noch ein weiterer Teich im Parkgelände eingetragen (Mit dem Schwanteich vereinigt worden. Der eingezeichnete "Neue Teich" existiert nicht mehr.
(Die Meilenblätter der Nachbarorte von Gaußig sind auf dieser Karte angefügt. R.E.).
 

In Gaußig sind der Töpferdamm und die Neue Straße deutlich als Alleen eingezeichnet (Aber nur mit gutem Willen in der untenstehenden Freiberger Fassung zu finden, zumal die Neue Straße - hier die rote Linie - nur auf dem Stück existierte, das auch heute noch nicht ausgebaut ist. R.E.).
  Als Ortsteile sind sowohl Ziegendorf als auch Keildorf zu finden.(Mit Beschriftung aber erst in einer Karte von 1883, s. u.)

Was wir heute als Kirchenteich bezeichnen, heißt hier Pfarrteich. Manches Stück Land, das hier als Wald sich abzeichnet, ist seitdem gerodet worden. So trägt das Gelände am Liskenhübel links der Straße nach Naundorf noch Wald. Auch die Günthersdorfer Flur war stärker bewaldet als heute, ebenso die Golenzer Flur.

In der Oberreitschen Karte aus den Jahren 1840-1860 dienten die Meilenblätter als Unterlage. Sie ist im Maßstab 1:57600 gezeichnet. (Die folgenden Lagebeschreibungen sind aber auf der oben abgebildeten Karte besser zu sehen)
Im Park sind der Schwanteich, die Allee nach der Diehmschen Parkecke und das Rechteck neben dem Schloß mit seinen vier Baumreihen eingetragen. An Teichen auf Gaußiger Flur zeigt die Oberreitsche Karte vier: den Kirchenteich, Reifens Teich, den Silberteich und einen Teich ohne Namen (Wenn der Teich zwischen Gut und Pfarrteich gemeint ist, so ist er trockengelegt worden. Der hier oben als Neue Teich bezeichnete ist bei Oberreit zwar auch eingetragen, aber nicht mehr benannt, hat wohl im Wassereinzugsgebiet des Gutes gelegen, wo später eine Zisterne gebaut wurde.). Außer dem Kirchenteich sind die Teiche alle verschwunden. Man kann sie im Gelände nur noch vermuten. Auch als Flurnamen sind sie nicht mehr in Erinnnerung. Das amtliche Flurnamenverzeichnis aus dem Jahre 1835 bringt die Namen von zehn Teichen. Man schreibt dort vom Bauernteich, vom Brösanger Teich, dem Kirchenteich, dem Medewitzer Teich, dem Pferdeteich (der kleine Teich im Gutsgelände), vom Dahrenschen Teich, vom Golenzer Teich, Reifens Teich (daraus wurden die Fischteiche in der Rabitschka - Brendel), dem Schafteich und dem Silberteich. Wo lagen diese Teiche? Wann und warum ließ man sie trockenlegen?

Auf dem Urmeßtischblatt vom Jahre 1891 ist der inzwischen neu angelegte Friedhof eingezeichnet, ebenso der gräfliche Friedhof im Park. Die Höhe über NN an der Parkecke ist unverändert mit 255,4 m angegeben. Auf einem späteren Neudruck ist die Höhe um 20 cm gestiegen, d. h., es sind Aufschüttungen beim Straßenbau erfolgt. Im Park ist eine Allee nur noch stückweise eingezeichnet. In den Jahren vor der Kartenaufnahme hat man auch den südlichen Arm des Schwanteichs ausgehoben. Schwäne wurden hier bis 1912 gehalten(, Versuche in den 1960er Jahren scheiterten aber).
Außerhalb des Parkes ist der inzwischen stillgelegte Hasersche Steinbruch eingetragen. Das Waldgelände westlich des Parkes wird als Tiergarten bezeichnet. Wohl bis zum Jahre 1910 wurden hier Hirsche gehalten.
Der letzte sächsische König Friedrich August III. hat hier den letzten Hirsch geschossen, sagt man. Ihm zu Ehren ist im Bereich des Krummen Weges ein Gedenk-Areal errichtet worden. Davon ist heute kaum noch etwas zu erkennen. Ein paar behauene Steine liegen noch (2013) herum.
 

(Seit 2013 von SLUB Deutsche Fotothek-Kartenforum digitalisiert:
Ur-Öder (Teil II), 1:13 333, Handzeichnung, 1586-1634, B...
Bl. 243: Gegend südwestlich von Bautzen, 1:13 333, 1586-1634
Beschreibung: Ur-Öder Bl. 243 : Gegend um Gaussig 1586-1634
Verwalter: Inv.-Nr.: Makro 00855 & (Schr R, F 005, Nr 243)
Aufnahme-Nr.: dd_hstad-mf_0000855
Datensatz-Nr.: obj 90011915
Zu beachten ist die heute unübliche Blickrichtung nach Süden. Gegenüber heutigen Karten ist alles seitenverkehrt, Süden ist oben.
Ivonne Makowski (ehem. Link, Kleingaußig) u. a. haben das Original digitalisiert. Sie deutet die Beschriftung bei Gaußig so: "Groß-Gaußig [...] Chrystoph v. Haugwitz auch ein forwergk drinne hat 6 gaertner und [...]")